Einen so anstrengenden Juli habe ich noch nie in meinem ganzen Leben erlebt:
Anfang des Monats noch das letzte Seminar auf Hof Steigerwald mit einer guten Portion Wehmut darüber, dass die Zeit an diesem wunderschönen Ort ihr Ende hat, der achtzehnte Geburtstag unseres Sohnes, dann der Räum-und-Pack-Marathon, noch ein Flohmarkt, parallel dazu schon die ersten Bauarbeiten der neuen Besitzer. Die Ponys auf die lange Fahrt auf dem LKW vorbereiten. Ständig verschob sich der anvisierte Starttermin nach hinten, weil einfach klar wurde, dass wir es nicht schaffen werden, alles einzupacken und wegzuschaffen.
Großartige Freunde haben uns unterstützt und dann war es am 27. Juli endlich soweit. Von morgens um 07:00 bis abends um 22:00 Uhr haben wir gepackt und geräumt und dann die Ponys verladen.
Wer schon einmal auf Hof Steigerwald war, wird sich gerne an die Birken an der Zuwegung erinnern. Nur waren sie leider auf Pferdeanhänger-Höhe geschnitten, aber nicht auf LKW-Maße… Wer einmal in einem Anhänger war, der an Büschen entlang gefahren ist, weiß, welches unangenehme Geräusch das verursacht.
Wir hatten uns extra einen eigenen Pferdetransporter gekauft, denn wir hatten ja besondere Ansprüche an die lange Reise mit unserer kleinen Herde. Wir wollten zum Beispiel vom Datum und der Tageszeit her flexibel sein: Das hat sich bei der Hitze und dem Chaos der Vorbereitung auch als goldrichtig erwiesen! Dann brauchten die Shettys Abteile, die ihrer Größe angemessen sind, um sicher und komfortabel reisen zu können. Und natürlich brauchten wir vor allem auch Trainingszeit mit den -inzwischen- Jährlingen.
Eine so lange Strecke bedeutet Aus- und wieder Einladen, schließlich müssen wir ausreichend Pausen für alle Mitreisenden machen. Das heißt mindestens zweimal müssen alle Beteiligten wieder guter Dinge in den Transporter steigen. Ich habe genug Mensch-Pferd-Teams begleitet, um zu wissen: Die Wahrheit zeigt sich immer bei der nächsten Anfrage nach der Fahrt. Es galt also, ausgiebig den LKW positiv “aufzuladen”. Um die Erwachsenen habe ich mir weniger Gedanken gemacht, die haben genug Reiseerfahrung, um auch erneut wieder mit mir in die schwankende und rollende Höhle zu steigen.
Um die Reise nicht gleich mit dem gruseligen Streifen der Äste und Zweige der Birken zu beginnen, haben wir uns entschieden auf der Zuwegung zu verladen – was wir vorher nur einmal trainiert hatten. Es war inzwischen auch schon ziemlich dunkel geworden, mein Adrenalinpegel war relativ hoch, aber es hat alles tadellos geklappt.
Dann ist Mario mit dem 814er und dem acht-Meter-Anhänger losgefahren und ich bin mit dem Sprinter und dem kleinen fünf-Meter-Anhänger hinterher. Leider hat die eigens für die Reise angeschaffte Kamera für den Pferdebereich nur funktioniert, wenn der Motor aus war, aber es gab kein Rumpeln und kein Stampfen, alles ganz ruhig. So rollten wir durch die Nacht, hinein in ein neues Leben, ein sehr erfülltes hinter uns lassend.
Die erste Etappe endete bei Viviane Theby in der Eifel. Sie hatte mich vorgewarnt, dass es eine Baustelle im Dorf vor ihnen gäbe. Diese hat das Navi auch angezeigt und uns von einer anderen Autobahnausfahrt herunter gelotst. Nur um dann auf einer Landstraße anzuzeigen: “Sie haben ihr Ziel erreicht. Es bleiben 350 Meter Fußweg.” Also hieß es: Selbst den Weg über die Feldwege zu finden. Zweimal wenden, weil wir Einfahrten verpasst hatten, dann eine Spitzkehre einen Kilometer von Viviane entfernt. Also Anhänger vom LKW abhängen und ohne weiterfahren, damit die Ponys nach acht Stunden Fahrt endlich aussteigen konnten.
Sie kamen auf eine Wiese mit schönem Gras trotz der Trockenheit und waren deutlich begeistert. Jetzt hieß es erst einmal: Pause!
Wir hatten einen Tag, eine Nacht und noch einen Tag zum Regenerieren für alle eingeplant und wollten weiterhin nachts reisen. Es war wunderschön entspannend, auf dem Scheuerhof zu sein, die Agroforst-Streifen zu bewundern, Pizza aus dem Lehmofen zu essen und gute Unterhaltungen zu führen. Außerdem reparierte Mario nebenbei noch den Lichtmaschinen-Regler und ein defektes Kabel am LKW.
Freitag Abend um 21:30 Uhr bestiegen die Ponys alle brav ihr “Rolling Home”, aber Elvis und La Vida wollten nicht mehr auf Handzeichen rückwärts in ihre Abteile. Mir tat es sehr leid, am Halfter zu ziehen, aber das ging dann zum Glück tadellos.
Ein weiterer emotionaler Abschied kam mit dem Passieren der Grenze. Jetzt waren wir nicht mehr als Urlauber auf dem Weg nach Frankreich, nun kamen wir als neue Bewohner des Landes. Auch die 530 Kilometer lange Fahrt bis ein gutes Stück vor Lyon verlief tadellos. Wenn man von Tankstellen absieht, die die Karte zum Bezahlen nicht annehmen oder LKW-Fahrern, die beim Überholen des langsamen Gespanns am Berg auch noch hupen… Den Sonnenaufgang haben wir noch ausgekostet, dann war das nächste Ziel erreicht.
Beim “Camping Terre Ferme”, der idyllisch, aber nur 10 Minuten von der Autobahn entfernt liegt, wurden wir morgens herzlich empfangen.
Nach dem Abladen sind Freya und Elvis mir dann erst einmal über einen Stoppelacker galoppiert und ich hielt die vier anderen Stricke und betete, dass ich es schaffe, die aufgeregten vier anderen zu beruhigen und sie bald wiederkommen. Was sie dann zum Glück auch taten!
Wir konnten es uns dann mit allem auf einer baumumstandenen Wiese gemütlich machen, bauten einen mobilen Zaun für die Ponys und öffneten eine Flasche Sekt, bevor wir uns in den Sprinter legten, um uns von der Nachtfahrt zu erholen.
Die beiden 36 Stunden langen Pausen halfen sehr beim Verarbeiten dieses doch recht eingreifenden Schrittes. Auch wenn wir uns wahnsinnig doll auf Frankreich und das Leben auf Le Matou freuten, will schließlich auch die Seele mitkommen können. Es heißt nicht umsonst, man solle nicht schneller reisen als eine Schwalbe fliegt.
Beim 3. Verladen mussten die Jährlinge leider mit Druck vor der Brust in ihre Abteile überredet werden. Verständlicherweise hatten sie keine Lust mehr auf die Konsequenzen des “Einparkens”, waren dann aber, sobald die Bruststange eingehakt war, ruhig und machten keine Versuche, gegenan zu gehen.
Im Süden herrscht noch größere Hitze, die Strecke das Rhone-Tal hinunter waren es mitten in der Nacht noch fünfundzwanzig Grad! Als wir ins Landesinnere abbogen, wurde es zum Glück besser und selbst nach Sonnenaufgang waren wir erst bei zwanzig Grad.
Autobahnausfahrt: Nach ein paar Kilometern der atemberaubende Blick auf die Pyrenäen. Tränen der Dankbarkeit und der Erleichterung flossen. Gegurke über Land, Aufregung wächst. Fünf Kilometer vor Matou den langen Anhänger beim Nachbarn abstellen, zwei Kilometer auf enger Straße, LKW parken, Ponys ausparken, Elvis trinkt erst einmal bei Freya. Dann laufen wir den Rest des Weges in unser neues Zuhause, Mario fährt mit dem Rad hinterher.
Vor lauter Stress mit den vier aufgeregten Ponys an der Hand kann ich es leider nicht so genießen, wie es in einer romantischen Vision dieser Situation der Fall wäre. Paddockzaun kontrollieren, Ponys freilassen, heulen. Aber dann: “Schatz, wir sind wirklich da, wir haben es geschafft!”
Als ich diese Zeilen schreibe, sind wir schon fünf Tage in dieser unglaublich wunderbaren Gegend, genießen Natur und Stille, die Weite, die Berge und das gute Gefühl, die richtigen Entscheidungen getroffen zu haben.
Wenn du ein paar Infos über Le Matou haben möchtest, schau doch mal in den vorherigen Blogbeitrag: Steigerwald.Traum: Unser neues Zuhause in Frankreich.